Rauchende Schornsteine in Leipzig: Der Einsatz von Wärmepumpen könnte den CO2-Ausstoß in der Wärmeversorgung deutlich senken.
Von Volker Kühn
Wenn Kay Gafert skizziert, wie eine Wärmepumpe funktioniert, merkt man, dass er früher als Dozent gearbeitet hat. Routiniert zeichnet er die Komponenten auf: den Rohrkreislauf, in dem ein Kältemittel zirkuliert. Den Verdampfer, an dem das Mittel Wärme aus der Umgebung aufnimmt. Den Verdichter, der es zusammenpresst. Den Verflüssiger, an dem es die Wärme an die angeschlossene Heizung abgibt.
Darunter zeichnet er vier schwarze Punkte. „Das ist die Energie, die unsere Wärmepumpe aus der Umwelt aufnimmt“, sagt Gafert. Dann fügt er einen fünften Punkt in Rot hinzu. „Und das ist die Energie, die in Form von Strom für den Verdichter nötig ist. Vier Fünftel bekommen Sie in unserem Beispiel kostenlos. Nur für ein Fünftel müssen Sie selbst sorgen.“
Gafert ist Manager beim Heizungshersteller Brötje im niedersächsischen Rastede, zuständig für das Geschäft mit Erneuerbaren. Seine Skizze ist vereinfacht. Trotzdem demonstriert sie, warum Wärmepumpen so wichtig für den Klimaschutz sein können: Sie ermöglichen den Abschied von Öl und Gas beim Heizen.
Der Gebäudesektor ist der einzige, der 2020 sein Klimaziel verfehlt hat
Die Wärmewende ist so etwas wie das Stiefkind der Energiewende. 14 Prozent der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen stammen laut der Bundesregierung aus dem Gebäudesektor. Das Umweltbundesamt geht sogar von 30 Prozent aus. Doch in keinem anderen Bereich kommt der Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien so schleppend voran. Der Gebäudesektor war der einzige, in dem die Bundesregierung ihr Klimaziel im vergangenen Jahr verfehlt hat.
Die Stiftung Klimaneutralität und Agora Energiewende haben ein Konzept vorgelegt, um das zu ändern. Ihre „Agenda für eine sozial gerechte Wärmewende“ ist Teil eines ganzen Bündels von Studien und Gesetzesvorschlägen, mit dem es die beiden Thinktanks der kommenden Bundesregierung ermöglichen wollen, vom ersten Tag an eine in sich stimmige Klimapolitik in sämtlichen Sektoren einzuschlagen.
Keine neuen Gasheizungen, dafür sechs Millionen Wärmepumpen bis 2030
Ihr Konzept für den Gebäudesektor haben die beiden Direktoren Patrick Graichen (Agora Energiewende) und Rainer Baake (Stiftung Klimaneutralität) gestern (10. Juni 2021) vorgestellt. Die zentralen Bausteine:
- Mit Öl und Gas betriebene Heizungen werden ab sofort nicht mehr gefördert. Spätestens ab 2024 dürfen sie in Neubauten sowie in bestehenden Ein- und Zweifamilienhäusern nicht mehr eingebaut werden.
- Das Fördervolumen für energetische Sanierungen wird auf zwölf Milliarden Euro jährlich verfünffacht.
- Der CO2-Preis steigt bis 2025 auf mindestens 80 Euro pro Tonne, um Anreize zum Umstieg zu schaffen.
- Mieter werden möglichst ab 2023 vollständig vom CO2-Preis entlastet.